Der Versicherungsombudsmann – wirklich neutral?

Die in den letzten Monaten bearbeiteten Ombudsmannverfahren haben einen bitteren Bei- bzw. Nachgeschmack.

In einem Fall antwortet der Ombudsmann, dass er sich über (auch gegensätzliche) Rechtsprechung nicht hinwegsetzen kann und lehnt einen Anspruch deswegen ab, so dass der Mandant nun klagen und hoffen muss, dass das Gericht die neuere und für ihn günstigere Ansicht vertritt.

In einem anderen Fall antwortet er, dass die Rechtsfrage bislang ungeklärt und von grundsätzlicher Bedeutung sei, er deswegen keine Entscheidung treffen könne und den Mandanten auf die ordentliche Gerichtsbarkeit verweisen müsse.

In zwei anderen Fällen vermeldete er, dass er noch Informationen vom Versicherer anfordern muss. Kurz darauf lenkt der erste plötzlich „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht“ ein und zahlt den vorher vehement bestrittenen Anspruch (Rückabwicklung einer Rentenversicherung) in voller Höhe aus, natürlich ohne die Kosten meiner Vertretung, welche der Mandant nun selbst tragen oder separat einklagen muss. Es ist nicht bekannt, welche „Informationen“ der Ombudsmann angefordert hatte und weswegen der Versicherer urplötzlich einlenkte.

Kurz um – es scheint so, als wenn ein Verfahren vor dieser Schlichtungsstelle nur dann Sinn ergibt, wenn der Fall glasklar und eindeutig ist. Dann jedoch ist es äußerst selten, dass ein Versicherer die Leistung verweigert, weil ja sonst auch die Gefahr besteht, dass geklagt wird und weitere Kosten anfallen.

In nicht so eindeutigen (also schwierigen) Fällen bleibt dem Versicherungsnehmer am Ende ein Entscheid über seine Kosten verwehrt. Er muss entweder selbst das Verfahren führen (in vielen denkbaren Fällen unmöglich, allein schon wenn es darum geht, einen Anspruch an gezogenen Nutzungen nachzuweisen). Oder aber er muss jemanden mit der Vertretung seiner Interessen beauftragen und im Ernstfall diese Kosten nach erfolgreichem Verfahrensabschluss zusätzlich einklagen. Da erscheint es sinnvoller, lieber gleich nach Scheitern der außergerichtlichen Bemühungen den Gerichtsweg zu beschreiten, anstatt den Fall dem Ombudsmann vorzulegen. Ob es das ist, was der Gesetzgeber gewollt hat…?

Vielleicht liegt das Problem aber auch an der Finanzierung des Ombudsmannes. Er ist (Bestandteil eines) e.V. und wird bezahlt von – den Versicherungsgesellschaften, welche dort Mitglied sind. Da erscheint es zumindest theoretisch fraglich, ob er da wirklich neutral sein kann oder in Wahrheit nicht doch die Interessen seiner Geldgeber vertritt…

Wenn auch Sie Stress und Ärger mit einem Versicherer haben, dann lassen Sie sich am Besten von jemandem beraten, der neutral und unabhängig ist und nicht für den Abschluss oder die Betreuung eines Versicherungsvertrages mit Provisionen (oder in anderer Weise) vergütet wird, nämlich bei den örtlichen Verbraucherzentralen, spezialisierten Rechtsanwälten oder einem der kaum mehr als 300 in Deutschland zugelassenen Versicherungsberater (aktuell 321, Stand 01.07.2017, DIHK).

Einen Versicherungsberater in Ihrer Nähe finden Sie unter: BVVB-Beratersuche

5 thoughts on “Der Versicherungsombudsmann – wirklich neutral?

  1. Acikgöz

    Hallo,
    bei mir wurde auch kurz und knapp abgelehnt, die Begründung der Ombudsmann sei für selbständige nicht da, obwohl sie eindeutig nach meiner Meinung auf ihren Homepage damit werben.
    Nachdem ich mir die Angeschlossenen Unternehmen des Vereins angeschaut habe, kann ich nun verstehen warum sie so kurz und bündig uns abgewiesen haben.

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  2. Bernhard Tilburg-Cassen

    Der „Versicherungsombudsmann“ ist eine Farçe. Er ist in gar keinem Fall „neutral“. Bereits die „Rückfragen“ werden so angelegt, dass gar nichts anderes herauskommen kann als dass der Versicherte „in´s Unrecht“ gedrängt wird.
    Ich kann nach meinen Erfahrungen wirklich nichts anderes mitteilen als, dass der „Ombudsmann“ mit dem Versicherer „unter einer Decke steckt“, die Kommunikation mit diesem pflegt, aber nicht mit dem Beschwerde Führenden.
    Der „Versicherungsombudsmann“ gibt ellenlange „Erläuterungen“ zur angeblichen „rechtlichen Unklarheit“ ab, ohne auch nur irgendwo genaue Paragraphen des „Versicherungsrechts“ zu nennen, die durchaus i.d.R. klare Aussagen treffen, auf die man sich auch berufen kann.
    Wenn der „Ombudsmann“ dann die von ihm angeforderten Unterlagen des Versicherten hat, „findet“ er garantiert etwas, das die Eintrittspflicht der Versicherung „verneinen dürfte“. Was jedoch *genau*, und was *für* die Eintrittspflicht spricht, verschweigt der „Ombudsmann“ …!
    Jede klare Benennung z.B. anhand wörtlicher Passagen des „Versicherungsrechts“ verweigert und verschleiert der „Ombudsmann“. Ich habe nun schon in zwei Fällen eine „Ablehnung“ erhalten durch den „Ombudsmann“, und bin anwaltlich und gerichtlich gegen die Weigerung der Versicherung vorgegangen: erfolgreich in beiden Fällen …! Und zwar *eindeutig*, nicht etwa durch „Auslegung“: der „Versicherungsombudsmann“ hat die klaren Aussagen des Versicherungsrechts zu meinen Gunsten einfach VERSCHWIEGEN …!
    Ich kann nur jedem Versicherten raten, dem Versicherer eine Rechnung mit Aufforderung zur Zahlung zu senden und bei Weigerung das Gerichtliche Mahnverfahren einzuleiten.
    Bereits allein dabei wurde vom Gericht in beiden Fällen dem Versicherer bedeutet, dass seine Haltung aussichtslos sei – der Versicherer zahlte ! Auch meine Anwaltskosten für das Formulieren meiner Ansprüche vor Gericht.

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    1. Leander Nico Palitzsch-Grawert Post author

      Vielen Dank für diesen Beitrag.

      Es ist jedoch wichtig zu differenzieren: Das Ombudsmannverfahren ist einem Gerichtsverfahren gegenüber eingeschränkt – es dürfen weder Zeugen vernommen noch Sachverständigengutachten eingeholt werden. Der Ombudsmann kann daher nur auf Basis eindeutiger Sachlage entscheiden. Gibt es gegensätzliche Rechtsprechung oder fehlt es an Urteilen über eine neue Rechtsfrage, ist eine Entscheidung ebenso nicht gegeben, da es nicht seine Aufgabe ist, neues Recht zu schaffen. Der Handlungsspielraum ist daher sehr eingeschränkt.

      Gleichwohl muss auch ich zugeben, dass in den bisherigen Verfahren in meiner Kanzlei noch keine einzig Entscheidung getroffen wurde. Es kam lediglich vereinzelt zu Anerkenntnissen der Versicherer. Jedenfalls aber haben die Referenten im Hause sauber gearbeitet – die Antworten waren in aller Regel sachlich neutral und mit vollständiger Begründung unterlegt, was wiederum in einem folgenden Gerichtsprozess sehr hilfreich ist. Eine Manipulation zu Gunsten der Versicherer war nicht zu erkennen.

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  3. manuela andel

    Also ich habe einen Fall zur Prüfung an Ombudsmann weitergeleitet, der inzwischen mehr als 3 Monate dort in Prüfung ist! Es geht um Forderungen (Gebühren Differenzen), aus 2016 und 2017, die plötzlich meiner Privat Versicherung auffallen, obwohl vorab niemals eine Mahnung oder Erinnerung geschickt wurde. Außerdem erhielt ich zu jedem Geschäftsjahr eine Bestätigung und einen Nachweis aller korrekt gezahlten Beiträge.
    Da ich der Forderung deshalb widersprochen hatte (aus o.g. Gründen), zahlt mir nun die Versicherung unsere – ebenso schriftlich vorab bestätigten – Beitrags Rückerstattungen aus 2019 nicht (werden immer ein Jahr später erstattet). Ich hatte extra keine Arzt und Behandlungsbelege eingereicht und nun sitze ich auf den Kosten bzw. bekomme die Rückerstattung wegen Altlast Differenzen nicht!
    Die Versicherung bot mir an, bei Zahlung der ALTLAST Differenz (387 Euro) die Rückerstattung zu gewähren, jedoch hat das Eine mit dem Anderen für mich jedenfalls nichts zu tun?
    Naja, so wie es aussieht, haben die den längeren Atem (gemeinsam mit Ombudsmann) und ich werde zahlen, obwohl ich mich eindeutig im Recht sehe…
    Kann mir Jemand hierzu Erfahrungen mitteilen?

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    1. Leander Nico Palitzsch-Grawert Post author

      Vielen Dank für Ihren Beitrag.

      Leider lässt sich aus den Angaben nicht der konkrete Sachverhalt entnehmen. Hierfür ist die Einsichtnahme in die Vorgangsunterlagen erforderlich.

      Vermutlich könnte es bereits ausreichen, wenn Sie sich mit Ihrem Anliegen an die Verbraucherzentrale wenden. Soweit man Ihnen dort nicht helfen kann, sollten Sie den Weg zum Spezialisten suchen, also entweder zu einem/r Rechtsanwalt/in mit Spezialisierung auf Versicherungsrecht oder zu einem/r Versicherungsberater/in.

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