Rürup-Rente – die Wette gegen den eigenen Tod

In der Praxis werde ich häufig mit Basis-Renten (sog. „Rürup-Renten“) konfrontiert. Und in aller Regel wissen die Versicherungsnehmer nur eines über den Vertrag: „ich kann damit Steuern sparen“. Da der Staat nichts zu verschenken hat, muss es also auch eine Kehrseite geben…

Die einfache Kehrseits ist die Steuerpflicht bei Auszahlung. Das ist vielen noch bekannt – genauso wie das Vertriebsargument, dass die Steuern ja im Alter viel niedriger sind als heute, da man ja als Rentner viele Freibeträge hat.

Entscheidender Denkfehler: Niemand weiß, wie hoch die Steuern in 5 Jahren sein werden, geschweige denn in 15 oder 25 Jahren. Ob es dann noch Freibeträge geben wird, ist ebenso fraglich. Der Finanzbedarf des Staates wird eher steigen als fallen. Immer mehr öffentliche Aufgaben müssen durch immer weniger aktiv arbeitende Bevölkerungsteile finanziert werden. Dies kann nicht funktionieren. Der Rentner von morgen wird – vor allem weil er einen immer wachsenden Anteil an der Gesamtbevölkerung annimmt – einen deutlich größeren Anteil am gesellschaftlichen Leben zu finanzieren haben. Möglicherweise werden Sie also heute eher weniger Steuern einsparen, als Sie in Zukunft sparen können. Die ganze Milchmädchen-Rechnung kann also bereits an dieser Front scheitern.

Betrachtet man „Rürup“ einmal im Detail, dann muss einem klar sein, dass „nicht beleihbar, nicht kapitalisierbar“ bedeutet, dass keine Verfügungsgewalt über das Guthaben besteht. Alles, was man durch die Zahlungen erwirbt, ist ein Rentenanspruch im Alter.

Das bedeutet – jeder eingezahlte Euro ist weg! Eine Kündigung ist nicht möglich. Eine Auszahlung des Guthabens ist vertraglich ausgeschlossen. Erst im Rentenalter gibt es eine Rente – wie hoch auch immer die dann noch sein möge. Und steuerpflichtig ist sie dann auch noch. Der Versicherer kalkuliert so, dass er keine Nassen macht und die immer älter werdenden Rentner von dem insgesamt durch sie im Topf angesparten Geld auch zu gleichen Teilen ausgezahlt werden können. Will man also mit „Rürup“ tatsächlich Gewinn machen, muss man deutlich älter werden als der Durchschnitt.

Denn – und auch das ist die ungeschönte Wahrheit – selbst mit dem Tod wird kein Guthaben ausgezahlt. Dieses bleibt im Topf bei den anderen Versicherten, damit deren Renten weitergezahlt werden können. Wer also zu jener Hälfte gehört, die zu erst das Zeitliche segnen, der macht Verlust. Das Argument der Versicherungswirtschaft, man könne schließlich eine Hinterbliebenenrente vereinbaren, hinkt gewaltig. Einerseits kann man nicht jedermann damit begünstigen, sondern nur den Ehegatten bzw. seine Kinder. Andererseits zahlt man für diese Leistung einen extra Beitrag, da es sich dabei um eine reine Versicherungsleistung handelt.

Kurz und knapp auf den Punkt gebracht: Rürup = Kohle weg + dafür Papier mit Aussicht auf Rente + Wette gegen den eigenen Tod -> da man unterm Strich nur dann ein Geschäft macht, wenn man (aufgrund der Kosten und Steuern deutlich) älter wird als der Durchschnitt alle anderen.

Wer an dieser Stelle merkt, dass er eine Fehlentscheidung getroffen hat, der hat nur wenige Chancen. Waren bei Abschluss des Vertrages die Unterlagen des Versicherers nicht vollständig, so könnte noch ein Widerrufsrecht bestehen, was einem wenigstens die Auszahlung des versicherungsmathematischen Rückkaufswertes möglich machen könnte…

Wenn auch Sie „Rürup“-Opfer geworden sind und Ihre Vertrag überprüfen lassen möchten, dann lassen Sie sich am Besten von jemandem beraten, der neutral und unabhängig ist und nicht für den Abschluss oder die Betreuung eines Versicherungsvertrages mit Provisionen vergütet wird, nämlich bei den Verbraucherzentralen, spezialisierten Rechtsanwälten oder einem der kaum mehr als 300 in Deutschland zugelassenen Versicherungsberater (aktuell 318, Stand 01.04.2017, DIHK).

Einen Versicherungsberater in Ihrer Nähe finden Sie unter: BVVB-Beratersuche

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