Ich kann schon fast behaupten, die Nürnberger hat sich gesträubt, wie eine Katze vor der Badewanne. Doch am Ende siegt eben nicht (immer) derjenige, mit den teuren Anwälten…
Nach Prüfung einer im Jahr 2009 abgeschlossenen Basis-Rentenversicherung erklärte der Mandant im Januar 2021 den Widerruf, da wesentliche Vertragsinformationen fehlten.
Selbstverständlich lehnte die Nürnberger eine Rückabwicklung ab. Es ging schließlich um einen ordentlichen fünfstelligen Betrag.
Unter Vollmachtsanzeige erfolgte die außergerichtliche Inanspruchnahme des Versicherers. Diese beauftragte sofort eine Rechtsanwaltskanzlei, welche nach Ablauf einer Woche eine Fristverlängerung um einen Monat erbat. Dieses Ansinnen lehnte ich natürlich ab, weil bei Beauftragung eines Anwalts ohnehin von vornherein klar war, dass man sich verweigern will (sonst hätte man diesen ja gar nicht erst beauftragt). Und auf ein Zeitspiel wollten sich mein Mandant und ich gar nicht erst einlassen.
Es folgte – erwartungsgemäß – die kurzfristige Verweigerung der Rückabwicklung auf Anwaltsbriefkopf. Dass eine große und namhafte Rechtsanwaltskanzlei völlig am Tatbestand vorbei argumentiert und in einer Materialschlacht sämtliche Argumente aus allen vergangenen Fällen zusammenschüttet, um sich irgendwie aus der Schlinge zu winden, spricht schon für sich. Dass dabei direkt eingangs die Vollmacht bemängelt, aber anschließend trotzdem weiter ausgeführt wird, könnte (schon datenschutzrechtlich) mehr als nur ein einfacher, fachlicher Fehler sein. Dass der Brief aber abgeschlossen wird mit „Sollte Ihre Seite gleichwohl beabsichtigen, unsere Mandantin mit einem gerichtlichen Verfahren zu überziehen, bitten wir unsere Zustellungsbevollmächtigung zu beachten.“, verdeutlich jedenfalls mir, worum es dieser Kanzlei wirklich ging: ein Klageverfahren (weil es eben Geld bringt).
Also leitete ich – es war mittlerweile schon Mitte Februar – ein Ombudsmannverfahren ein und forderte für meinen Mandanten die Rückabwicklung. In diesem Verfahren trug der Versicherer (nunmehr wieder allein ohne seine vorherigen Anwälte) vor, dass unsererseits die Tatbestände „nicht richtig, jedenfalls nicht vollständig“ vorgetragen worden seien. Selbstverständlich habe eine ordnungsgemäße Beratung stattgefunden und selbstverständlich wurde über alle Kosten informiert. Und soweit nicht über Kosten informiert wurde, sei dies – wie bei den weiteren Fondskosten – auch überhaupt nicht erforderlich gewesen, von einem Unrechtsbewusstsein oder gar einem Fehlereingeständnis also keine Spur, im Gegenteil: die Nürnberger hat immer Recht!
Auf meine Intervention, dass dies Unfug sei, über alle Kosten hätte informiert werden müssen, aber tatsächlich nicht einmal über irgendwelche Kosten konkret informiert worden ist, da immer nur von Kosten im Allgemeinen die Rede war, ohne auch nur einen einzigen Euro zu benennen, antwortete die Nürnberger (mittlerweile hatten wir April), dass man alles richtig gemacht habe, sich keiner Schuld bewusst sei und im Übrigen alle Unterlagen vollständig und fehlerfrei übergeben worden seien, was auch revisionssicher gewährleistet sei und von dem zuständigen Mitarbeiter bezeugt werden könne. Wirklich konkret wurde die Nürnberger aber immer noch nicht. Und sie legte natürlich auch nicht eben jene, angeblich revisionssicher abgelegten und bezeugbaren Unterlagen mit der Aufklärung über die Kosten vor. Es blieb also dabei – die Unterlagen bei Vertragsschluss waren unvollständig und der Versicherer konnte trotz aller Behauptungen und Beteuerungen keinen einzigen Beweis vorlegen.
Da zwischenzeitlich sogar der nächste Dynamiknachtrag einging, obwohl gleichzeitig (im Januar) die hilfsweise Kündigung ausgesprochen wurde, ging auch dieses Schriftstück an den Ombudsmann zur Klarstellung, dass die Nürnberger in jedem Fall in Verzug ist – entweder mit der Rückabwicklung oder der Kündigung. Abgesehen davon enthielt auch der Dynamiknachtrag keine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung.
Mitte Juni nun erreicht mich ein Brief vom Ombudsmann, wonach die Nürnberger (endlich) anerkennt und die Rückabwicklung vornimmt. Dabei schreibt sie (O-Text:
„Der Vertrag wurde im Rahmen einer Bestandsaktion es erfolgte eine Umstellung von einer reinen Berufsunfähigkeitsversicherung in eine BasisRentenversicherung mit BerufsunfähigkeitsZusatzversicherung im Jahr 2009 abgeschlossen. Dabei wurde offenbar das Produktinformationsblatt an Herrn […] nicht mit verschickt.“
Damit wird deutlich, was von den Worten der Nürnberger Lebensversicherung AG zu halten ist! Ihr gegenüber kann leider kein Vertrauen unbegründen…
Wenn auch Sie Ärger mit der Nürnberger haben oder Basis-Rentenversicherungen (sog. „Rürup-Rente“), Zulagen-Rentenversicherungen (sog. „Riester-Renten“), Direktversicherungen (sog. „Nahles-Renten“) oder sonstige Versicherungsverträge überprüft und erforderlichenfalls korrigiert wissen möchten, dann sollten Sie sich am Besten von jemandem beraten lassen, der neutral und unabhängig ist und nicht von der Versicherungswirtschaft für den Abschluss oder die Betreuung eines Versicherungsvertrages bezahlt wird – nämlich von den örtlichen Verbraucherzentralen, spezialisierten Rechtsanwälten oder einem der gerade einmal 326 in Deutschland zugelassenen Versicherungsberaterinnen und Versicherungsberater (Stand 30.06.2021, DIHK).
Versicherungsberater finden Sie – auch in Ihrer Nähe – unter: BVVB-Beratersuche